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Vor dem Bezirksgericht Kulm steht heute der Volvo-Fahrer, der kurz vor Weihnachten 2016 den Tod eines Säuglings verursacht hat.
Ein Schmetterling, zwei Herzchen, vier Abdrücke von Babyfüsschen. Und dazu der Name des Buben. Kein sichtbares Datum. So sieht der Grabstein aus, der als Letzter in der Kinderecke des Friedhofs Dürrenäsch aufgestellt worden ist. Er erinnert an einen Säugling, der bei einem dramatischen Unfall gestorben ist.
Wie viel Fahrlässigkeit dabei im Spiel war, wird heute Dienstag geklärt. Ab 8 Uhr steht der Automobilist (heute 38) vor Gericht, der die Mutter zusammen mit ihren beiden Kindern über den Haufen gefahren hat.
«Wir werfen ihm vor, übermüdet Auto gefahren zu sein», erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft vor fast anderthalb Jahren, als Anklage erhoben wurde. Wegen fahrlässiger Tötung, wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung und wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand. Was genau die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm (Leitung Simon Burger) für ein Strafmass beantragen wird, wird an der Verhandlung bekanntgegeben.
Wird der Mann nur zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse verurteilt? Das Bezirksgericht Kulm hat für den Prozess neun Stunden reserviert. Es ist denkbar, dass auch Gutachter befragt werden. Die Verhandlung findet im Gemeindesaal Unterkulm statt. Wegen Corona sind keine Besucher, die nichts direkt mit dem Verfahren zu tun haben, erlaubt.
Der Unfall ereignete sich am 23. Dezember 2016, am Tag vor Heiligabend. Seither vergingen über vier Jahre. Weshalb dauerte es so lange, bis der Prozess stattfindet? Nach einem Jahr im Dezember 2017 hiess es, es sei noch ein verkehrsmedizinisches Gutachten pendent. Die Bestätigung, dass Anklage erhoben worden ist, erfolgte dann im September 2019. Dass anschliessend weitere fast anderthalb Jahre verstrichen, bis jetzt der Prozess durchgeführt werden kann, wird mit der schwierigen Terminsuche angesichts von Corona sowie der grossen Anzahl Beteiligter begründet.
Zum Sachverhalt ist so viel bekannt: Der damals 34-jährige Mann war am späten Nachmittag des 23. Dezembers von der Telli in Aarau unterwegs an seinen Wohnort in Dürrenäsch. Mit im Auto: zwei Kinder. Kurz nach der Gedenkstätte für den Flugzeugabsturz muss er eingenickt sein.
Sein Auto überquerte um 16.30 Uhr in einer leichten Rechtskurve (längst Tempo 50) die Strasse, fuhr über das Trottoir, wo gerade die Mutter (damals 30) mit ihren beiden Kindern und einem Hund unterwegs war. Den Säugling hatte sie an der Brust, das einjährige Kind schob sie im Kinderwagen. Alle drei wurden vom «Volvo wegkatapultiert». Sie wurden schwer verletzt, das Baby starb am Tag darauf – an Heiligabend.