Aarau
Die wenigsten Aarauer bezahlen den Aufpreis für Ökostrom

Die Bewohner der «Energiestadt» Aarau sind ökonomisch statt ökologisch, wenn es um den Strom-Einkauf geht.

Sabine Kuster
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Strom aus Wasserkraft produziert das Axpo-Kraftwerk Rüchlig in Aarau . (Archiv)

Strom aus Wasserkraft produziert das Axpo-Kraftwerk Rüchlig in Aarau . (Archiv)

AZ

Klingende Namen haben die Stromangebote der IBAarau: «Eagle Power», also Adler-Energie, heisst das Paket, welches reine Wasserkraft aus dem Werk in Aarau liefert. «Swan Power» ist ein Mix aus Wasser-, Sonnen- und Windenergie. So umweltfreundlich, impliziert der Name, dass sich die Schwäne an der Aare keine Sorgen machen müssen, dass einst atomar verseuchtes Wasser aus dem AKW Gösgen die Aare runter nach Aarau fliesst.

Aber die schönen Namen nützen nichts. Zwar hatten die Aarauer Stimmbürger in der Abstimmung 2012 zu den ehrgeizigen Energiesparzielen mit 60 Prozent Ja gesagt. Wie eine Nachfrage bei der IBAarau AG zeigt, war letztes Jahr jedoch 87 Prozent der in Aarau verbrauchten Elektrizität Standardstrom. Das bedeutet in Aarau zwar nicht nur Atomstrom; beim Standard der IBAarau ist die Hälfte erneuerbare Energie (meist Wasserkraft).

Nur 12 Prozent ist Spezialstrom

Dennoch: Strom ausschliesslich aus Wasserkraft, made in Aarau, gibt es für nur einen Rappen mehr pro Kilowattstunde. Für einen Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 3500 kWh pro Jahr würde dies einen Zuschlag von 35 Franken bedeuten. Von total 14 675 Aarauer Kunden der IBAarau wollten im letzten Jahr nur 1061 Verbraucher (7 Prozent) diesen Aufpreis bezahlen. Der Anteil von «Eagle Power» am Gesamtverbrauch betrug lediglich 12 Prozent.

Im Promillebereich bewegen sich alle anderen ökologischen Stromangebote: Der reine Solarstrom machte mit 29 735 kWh nur 0,02 Prozent des gesamten Absatzes aus. Ganze 67 Verbraucher bestellten es. Für das teuerste Produkt bezahlen sie dieses Jahr pro Kilowattstunde einen Aufpreis von 18 Rappen – also 630 Franken für einen durchschnittlichen Haushalt.

Absatzentwicklung Spezial- und Standardstrom Aarau

Absatzentwicklung Spezial- und Standardstrom Aarau

NCH/BAR

Nächstes Jahr wird das Produkt deutlich günstiger: Noch 8 Rappen beträgt der Aufschlag. Patrick Bringold, Leiter Kundendienst bei der IBAarau, begründet dies mit günstigeren Marktpreisen, die damit zutun hätten, dass die Anlagen besser und die Solarpanels billiger geworden seien. Doch auch aus Marketinggründen wurde der Solarstrom vergünstigt. «Das gehört zu unserer Strategie», sagt Bringold.

Die reine Windkraft wurde fürs kommende Jahr aus dem Angebot gestrichen, weil sie zu wenig gefragt war. Weiterhin können die Kunden der IBAarau ihren Strom aber unabhängig von «Adler» und «Schwan» individuell zusammenstellen lassen. «Die meisten Kunden kaufen den teuren Ökostrom in Tranchen ein», sagt Bringold. Sie bestellen also pro Jahr zum Beispiel eine fixe Menge von Solarstrom und die übrigen Menge als «Eagle Power».

Immerhin die Hälfte Wasserkraft

Mit 50% Wasserkraft beim Standardstrom sind die Aarauer dennoch relativ ökologisch unterwegs. Anders würde dies wohl aussehen, falls der Strommarkt liberalisiert wird. IBAarau CEO Hans-Kaspar Scherrer wurde am Informationsabend über die künftige Aarauer Energiepolitik gefragt, was dann geschehen würde. «Das wäre schlecht», sagte Scherrer wenig überraschend. Das Unternehmen hat Angst, dass dann der teure Ökostrom gar keinen Absatz mehr fände. Die Stadt Aarau hätte in einem freien Strommarkt mit rund 600 Schweizer Anbietern ausserdem Mühe, ihre Energiebilanz beziehungsweise die gesetzten Ziele auf dem Weg zur 2000-Watt-Stadt zu überprüfen.

Übrigens: Nachdem der Stromverbrauch in Aarau in den letzten Jahren meist immer weiter stieg, sank er von 2012 auf 2013 recht deutlich um –2,7% auf total rund 186,8 Gigawattstunden. Dies könnte allerdings auf den milden Winter zurückzuführen sein.