Auswertung
Die Mehrheit der städtischen Mitarbeiter wohnt nicht in Aarau

Die Angestellten der Stadt Aarau nehmen für den Weg ins Büro im Extremfall zwei Stunden auf sich. Das zeigt eine Auswertung ihrer Wohnorte. Nur rund jeder Fünfte wohnt selbst im Stadtgebiet.

David Egger
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21 Prozent der 694 Mitarbeiter wohnen auf dem Gebiet der Stadt Aarau.

21 Prozent der 694 Mitarbeiter wohnen auf dem Gebiet der Stadt Aarau.

Chris Iseli/ AZ

Sie kommen aus 160 verschiedenen Ortschaften: Die Angestellten der Stadt Aarau, die für die Einwohnergemeinde, die Ortsbürgergemeinde und die Altersheime arbeiten. Und dafür täglich zwischen ihrem Wohnort und der Hauptstadt pendeln.

Die Auswertung dieser Wohnorte, basierend auf der Lohnliste vom März, zeigt, dass noch 21 Prozent der 694 Mitarbeiter auf dem Gebiet der Stadt Aarau wohnen. «Ich bin positiv überrascht davon, dass doch noch so viele in der Stadt wohnen», sagt Vize-Stadtschreiber Stefan Berner dazu.

Der Wohnort spiele bei Stellenbesetzungen aber keine Rolle mehr. Früher war das noch anders: Bis 1988 besagte das Besoldungsreglement, dass Mitarbeiter der Stadt Aarau auch in der Stadt wohnen müssen. In Unterentfelden und Buchs galt die Wohnsitzpflicht sogar noch bis 2001. Mit der Zunahme der Mobilität ist eine solche Pflicht heute undenkbar. «Wir hätten grosse Schwierigkeiten, die Stellen zu besetzen, auch wenn manche sicher gerne nach Aarau zügeln würden. Doch der Wohnraum ist nun mal beschränkt», so Berner.

Mehr Aufwand wegen Fremden?

Die vielen Pendler bergen auch eine Gefahr: Die Identifikation mit der Stadt könnte auf der Strecke bleiben, wenn so viele Nicht-Aarauer für die Stadt Aarau arbeiten. Berner sagt denn auch: «Wir stellen fest, dass wir bei manchen Aufgaben mehr Aufwand betreiben müssen, bis sich jemand bei uns auskennt.» Dies hänge aber auch vom Stellenprofil ab. Der Buchhalter muss sich mit den Zahlen auskennen, die Angestellten im Tiefbauamt müssen schon eher die einzelnen Quartiere und Strassen sowie deren Eigenheiten kennen.

Gerade das Angebot an Fachleuten mit technischer Ausbildung und für Steuern sei momentan aber sehr beschränkt, so Berner. «Auf diesen ausgetrockneten Märkten haben es Gemeinden auf dem Land noch schwieriger als wir. So gesehen haben wir schon einen Wettbewerbsvorteil.» Und so rekrutiert die Stadt Aarau denn auch viele Pendler. 57 Prozent davon wohnen im Bezirk Aarau. Das passt zu einer Erhebung des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2012. Darin heisst es: 55 Prozent aller Schweizer pendeln im gleichen städtischen Gebiet, in dem sie auch wohnen.

80 Prozent aller Aarauer Stadtangestellten kommen aus dem Kanton Aargau. Am wenigsten davon, nämlich zwei, leben im Bezirk Zurzach. Das hat seinen Grund: Wer zum Beispiel aus Bad Zurzach mit dem öffentlichen Verkehr (öV) nach Aarau reisen will, braucht dafür rund eine Stunde. Nicht alle Regionen sind also fürs Pendeln nach Aarau geeignet.
So zum Beispiel die Ostschweiz: Im März waren ein St. Galler und ein Glarner bei der Stadt angestellt. Der Glarner hatte einen Arbeitsweg von über zwei Stunden. Er gehört damit zu jenen zehn Prozent der Pendler, die laut Bundesamt für Statistik über eine Stunde unterwegs sind, bevor sie ihren Arbeitsort erreichen. Allerdings sind derart lange Arbeitswege bei der Stadt Aarau die Ausnahme. «Bei diesen zwei Personen aus der Ostschweiz handelte es sich um kurzfristige Aushilfen, die nicht mehr hier arbeiten», sagt Berner.

Dass Aarau mit dem öV aber grundsätzlich gut erreichbar ist, zeigt sich auch bei der Besetzung von Lehrstellen: «Da haben wir viele Bewerbungen auch von weit weg. Allerdings schauen wir bei Lehrlingen schon darauf, dass sie wenn möglich aus der Region kommen.» Man wolle möglichst Lehrlinge gewinnen, die mit der Stadt schon vertraut sind und die nicht schon in der Lehrzeit von langen Arbeitswegen belastet werden, so Berner.

Die Grossstädter in Aarau

Sehr gut erreichbar ist Aarau auch von Zürich aus: Von dort kommen 21 Angestellte. Auch aus den Grossstädten Basel und Bern kommen zehn respektive vier Personen. Nur eine Person kommt allerdings aus der Stadt Luzern. Kein Wunder: Sowohl die direkteste Route für Autos als auch jene für Züge machen einen grossen Bogen um die 20 Kilometer kürzere Luftlinie zwischen den beiden Städten.

Ein weiterer Identifikationsfaktor für die Stadt ist der Aarauer Maienzug. Stefan Berner sagt: «Viele, die hierher pendeln, wissen zuerst nicht, was das ist. Für sie ist es einfach ein willkommener zusätzlicher Freitag.»