In der Kantonshauptstadt mangelt es in den Kindertagesstätten vor allem an Plätzen für Säuglinge. Die Auslastung ist aber auch bei anderen Einrichtungen gross.
Krippenplätze sind längst nicht nur ein lokales Thema, sondern beschäftigten auch die kantonale Politik. Im Grossen Rat wird darüber diskutiert, ob die Gemeinden verpflichtet werden sollen, für die Krippenplätze aufzukommen. Gerade in der Hauptstadt gibt es bei jenen drei Trägerschaften, die von der Stadt subventioniert werden, einen Mangel. Besonders bei den Säuglingsplätzen bestehen lange Wartelisten.
Eine initiative Pfarrersfrau aus Aarau rief das Chinderhuus vor über 100 Jahren ins Leben: Mit dem Hausrat einer serbelnden Krippe aus Windisch öffnete sie an der Golattenmattgasse die erste Aarauer Krippe. Eine Wochenpflegerin nahm in ihrer Stube drei Kinder auf.
Heute betreut das Chinderhuus Gönhard, inzwischen zu einer Stiftung geworden, um die 220 Kinder: Seit der Einführung der familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen 2007 bietet die Kita an der Weltistrasse 20 eine Hortgruppe für Schulkinder sowie einen Mittagstisch für Kindergarten- und Schulkinder an. An der Konradstrasse 5 (im ehemaligen «Doktor-Schönbrunn»-Haus) und an der Konradstrasse 3 (in der Liegenschaft «Hagnauer-Wildberger») gibt es vier altersgemischte Gruppen mit Baby und Kleinkindern sowie eine Kindergartengruppe.
Seit 2003 besteht zwischen der Stiftung und der Stadt ein Leistungsvertrag. Demzufolge finanziert sich der Hort über die durch die Stadt subventionierten Elternbeiträge sowie durch Beiträge des Kantons. (bA)
Die grösste Einrichtung, das Chinderhuus Gönhard mit Hort und Mittagstisch beispielsweise, platzt aus allen Nähten. Das erfuhr in diesem Sommer eine Mutter, die ihr Kind an den Mittagstisch schicken wollte. Sie erhielt eine Absage. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen die Leiterin vom Chinderhuus, Ivana Ceccarelli, Eltern absagen muss. «Wir geben zuerst Familien, die schon im Quartier leben und ihre Kinder von klein auf bei uns haben, den Vorzug», sagt sie. «Weil speziell die Babyplätze überbelegt sind und die Eltern das wissen, melden sie sich lange, bevor das Kind auf der Welt ist, bei uns an», so Ivana Ceccarelli. «Wir haben stets eine lange Warteliste.»
Diese Auslastung ist aber nicht nur im Chinderhuus gross, wie Bibiane Saly, Koordinatorin der Familien- und Schulergänzenden Tagesstrukturen Aarau, bestätigt: «Wir hören immer wieder, dass die Nachfrage nach Säuglingsplätzen auch andernorts höher ist als das Angebot.» Die prozentuale Auslastung der Tagesstätten war von der Koordinationsstelle für Familien- und Schulergänzende Tagesstrukturen nicht zu erfahren. Über freie Plätze müssen sich die Eltern direkt bei den Kindertagesstätten informieren.
Im Gönhard ist das Problem am grössten, obwohl es im Chinderhuus mit total 98 Plätzen im Vergleich mit den subventionierten Tagesstätten in den Quartieren Aare, Telli und Schachen am meisten Plätze hat. Der Stadtteil Rohr wartet noch auf einen Hort, ein Projektierungskredit kommt nächstens vor den Einwohnerrat.
Stadträtin Franziska Graf, zuständig für die Tagesstrukturen, sagt, in der Telli habe es meistens noch freie Plätze. Auch im Schachen und Aare sei es einfacher, ein Kind unterzubringen. Doch die Auslastung hange stark von den Wochentagen ab: An den Spitzentagen Montag, Dienstag und Donnerstag seien die Tagesstätten meistens ausgebucht. «Mittwochs und freitags haben die Kinder frei, da organisieren sich die Betreuungspersonen selber und beanspruchen die Tagesstätte weniger», sagt Graf.
Warum kommt es im Chinderhuus Gönhard zu solchen Engpässen? Graf erklärt sich das unter anderem damit, dass das Quartier gewachsen ist und die grössten Schülerzahlen aufweist. In der Telli sei die Bevölkerungsstruktur anders: Eltern schicken ihre Kinder weniger in eine Krippe oder einen Hort.
Auch wenn das Chinderhuus knapp an Platz ist – ein Aus- oder Neubau ist nicht so einfach möglich. Als subventionierte Betreuungsstätte ist das Chinderhuus an den Leistungsvertrag mit der Stadt Aarau gebunden. «Sie gibt uns vor, wie viele Plätze wir haben dürfen», sagt Ivana Ceccarelli. «Damit müssen wir zurechtkommen.» Ausser, der Hort würde nicht subventionierte Plätze anbieten. Die Eltern müssten dann aber den Volltarif zahlen.
Im Moment seien andernorts keine zusätzlichen Räumlichkeiten vorhanden, sagt Franziska Graf. Ein Neubau ist infolge der aktuellen Sparbemühungen im Rahmen des Projekts Stabilo 2 auf Eis gelegt.
Die Situation im Gönhard wird künftig auch im Primarschulhaus nicht besser: Das Betreuungsangebot in den Randstunden und der Mittagstisch bleiben provisorisch – teilweise im Container – untergebracht. Zwar ist ein Erweiterungsbau aufgegleist, nächstens wird ein Projektierungskredit beantragt. Doch im Projekt ist gemäss Einwohnerratsentscheid Ende 2013 nun kein Hort und Mittagstisch mehr vorgesehen. Vorschläge für eine Erweiterung für die Betreuung gibts noch keine: «Es laufen Abklärungen in verschiedene Richtungen», sagt Stadträtin Graf.