Ein Rundgang und eine Umfrage zeigen: Der Rüeblimärt ist zwar nicht so gross, aber so gut wie sein Vorbild.
Einer der traditionsreichsten Märkte der Schweiz fand gestern statt: der Zibelemärit in Bern. Der Aarauer Rüeblimärt wurde vor 36 Jahren nach Vorbild des Berner Märits ins Leben gerufen. Für die AZ Grund genug, die beiden November-Märkte zu vergleichen.
In Bern geht es jeweils schon frühmorgens los. Das Tram um fünf Uhr ist so voll, als wäre Samstagabend. Offiziell öffnen die Marktstände zwar erst um sechs Uhr. Den ersten Zwiebelkuchen mit einem warmen Glühwein dazu kann aber noch viel früher gekauft werden.
Alkohol zu trinken, ist hier sowieso hoch im Kurs. Auf der Suche nach einem Kaffee ohne Schnaps müssen zuerst einige Stände abgeklappert werden, bevor man fündig wird. Trotz der frühen Morgenstunde, geht es alles andere als ruhig zu und her. Konfetti-Schlachten finden statt, von links und rechts werden die Besucher mit Gummihämmern traktiert — eine Zibelemärit-Tradition — und um 6.59 Uhr steckt man zwischen den Ständen vor dem Bundeshaus bereits im Stau.
Die Ruhe und Gemütlichkeit des Rüeblimärts liegt in Bern in weiter ferne. In den Aarauer Gassen ist es noch weitgehend ruhig, wenn die Marktfahrer ihre Rüebli ab acht Uhr feilbieten. Zum Zmorge eine Rüeblitorte, dazu ein Rüeblitee scheint per se schon irgendwie magenfreundlicher. Zudem stehen die farbigen Rüeblidekorationen den Berner Zwiebelzöpfen in nichts nach. Fazit: Die weissen Socken müssen sich vor den Berner Mutzen in Sachen Markttreiben nicht verstecken.
Einer, der das wissen muss, ist der für seine Sprüche bekannte Aargauer Marktfahrer Daniel Meier aus Oberrohrdorf. Er ist mit seiner Gemüseraffel in der ganzen Schweiz unterwegs. Die beiden Märkte stehen jedes Jahr auf seinem Programm. «In Aarau kommen die Besucher noch wegen den vielen verschiedenen Rüebli», sagt Meier. In Bern wollten die Leute nur Zwiebelzöpfe und Glühwein. Für ihn sei der Rüeblimärt «einfach gäbiger».
Walter und Priska Leutwiler aus Möriken verkaufen ihre Kissen schon seit über 20 Jahre am Zibelemärit. Sie wären jeweils gerne auch am Rüeblimärt, leider finde aber der Badener Warenmarkt jedes Jahr gleichzeitig statt. In Bern sind sie gerne. «Mühsam sind aber einfach die vielen Konfetti, die wir nach dem Zibelemärit in allen Kissen haben», sagt Priska Leutwiler.
Die Dimensionen des Zibelemärits sind anders als die des Rüeblimärts. Gegen 100 000 Menschen besuchten gestern den Markt in Bern — in Aarau waren es am 1. November knapp 40 000. 648 Marktstände gegenüber 140. 104 Reisecars parkierten gestern auf dem Berner Expo-Gelände, im Aarauer Schachen waren es 22.
Nur schon, weil der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried bereits vor sechs Uhr morgens mit einem Zwiebelzopf im Rucksack und Konfetti im Haar gesichtet wird, ist klar: Die Berner Prominenz lässt sich den Zibelemärit nicht entgehen. An drei Promi-Partys wird Tout Berne gefeiert. Für das Fussvolk steigen am Abend dreizehn verschiedene Partys: Zibelerave, Schlagerhölle Zibelemärit oder Zibelesounds. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Unser Vorschlag für Aarau: ein Rüebli-Rave?