Der Staffeleggzubringer kam ganz langsam

Vor 10 Jahren wurde der 90 Millionen Franken teure Bypass für den Grossraum Aarau eingeweiht.

Urs Helbling
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Mehrere Dutzend Oldtimer haben vor zehn Jahren in einem Korso die Strasse (hier: nördlich des Tunnels) eröffnet. Bau der Brücke über die Aare.
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Mehrere Dutzend Oldtimer haben vor zehn Jahren in einem Korso die Strasse (hier: nördlich des Tunnels) eröffnet. Bau der Brücke über die Aare.

Mehrere Dutzend Oldtimer haben vor zehn Jahren in einem Korso die Strasse (hier: nördlich des Tunnels) eröffnet. Bau der Brücke über die Aare.

Bild: Toni Widmer (12.8.2010) Bild: Toni Widmer (31.5.2005)

Die Vorfreude im damals verkehrsgeplagten Küttigen, dem Hauptprofiteur des neuen Staffeleggzubringers, war so gross, dass das Dorf schon drei Monate vor der Eröffnung ein Tunnelfest feierte. Schliesslich ging 2010 eine 55-jährige Leidensgeschichte zu Ende. Man sprach sogar von «einem der langwierigsten Strassenprojekte der Schweiz» – was natürlich etwas übertrieben war. Rückblickend betrachtet, hat sich der Staffel­eggzubringer für die Agglomeration Aarau als Segen erwiesen. Und er hat auch dazu beigetragen, dass das Fricktal besser ans Aaretal angebunden wurde.

Mehr Laster und deutlich mehr Autos

Doch zahlen viele Anwohner an der Staffelegg-Route dafür einen Preis: Die Gemeinde Herznach klagt auf ihrer Website, der Gesamtverkehr habe um 55 Prozent auf täglich 11500 Fahrzeuge zugenommen. Der Schwerverkehr sei um 20 Prozent auf heute rund 700 Lastwagen gestiegen. Diese Entwicklung ist neben dem allgemeinen Verkehrswachstum auch auf den Industrie-/Logistik-Boom im Raum Hunzenschwil/Schafisheim (etwa Coop) zurückzuführen. Eine Entwicklung, die die Experten als mögliches Szenario vorausgesehen hatten (AZ vom 29. 1. 2010). Einzelne Politiker, allen voran der VCS, hatten sich um die Jahrtausendwende sogar dafür starkgemacht, die Staffelegg für den Transit-Schwerverkehr zu sperren – sie waren chancenlos.

140 Millionen Franken für Umfahrungsprojekte

Das grosse Nadelöhr im Raum Aarau war seit Jahrzehnten die Altstadt von Aarau. Und es gab schon lange Bestrebungen, die historisch bedeutenden Gassen verkehrsfrei zu machen. Dafür war die Realisierung von zwei Projekten notwendig: Erstens der Bau des Sauerländertunnels (Ostumfahrung, Kosten gegen 50 Millionen Franken) und zweitens des Staffeleggzubringers (Kosten rund 90 Millionen Franken). Die Altstadt wurde im März 2006 verkehrsfrei – nachdem der Sauerländertunnel (Inbetriebnahme 2003) fertig war und der Bau des Staffeleggzubringers begonnen hatte. Die gegenseitigen Abhängigkeiten hatten noch zu einem wüsten Hickhack geführt, der eigentlich fertige Sauerländertunnel war zeitweise aus juristischen Gründen nur beschränkt benutzbar. Heute ist das längst alles Geschichte und die Altstadt mit Durchgangsverkehr kaum mehr denkbar.

Reizvolles Horentäli mit Tunnel geschützt

Der Staffeleggzubringer ist 3,1 Kilometer lang. Er beginnt in der Telli nördlich des Knotens Suhrenbrücke (T5, neu N1) und endet oberhalb von Küttigen. Der Staffeleggzubringer weist relativ viele Kunstbauten auf: die Suhrenbrücke (50 Meter lang), die Aarebrücke (234 Meter lang), den Horentaltunnel (693 Meter lang) und die beiden Überführungen Horen und Giebel. Topografisch wäre der Horentunnel nicht notwendig gewesen: Er dient primär dem Landschafts- und etwas dem Lärmschutz. Der Grosse Rat hat das Projekt 1980, also vor 40 Jahren, nur unter der Bedingung ins Mehrjahresprogramm aufgenommen, dass der Tunnel durchs Horentäli realisiert wird.

Der Entscheidungsprozess bis zum Baubeginn im Juli 2004 war eine langwierige, komplizierte Sache. Der Staffel­eggzubringer könnte als ­Musterbeispiel für die Änderung der Einstellung gegenüber von Strassenprojekten dienen. Oder als Musterbeispiel, wie von Gegnern versucht wird, mittels Initiativen Druck ­auszuüben. Und er ist auf jeden Fall das erste Strassenpro- jekt im Aargau, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt worden ist.

Ein erster Plan des Staffel­eggzubringers wurde 1955 gezeichnet – also 55 Jahre vor der Einweihung der Strasse. 1987 lehnte das Aargauer Volk die gegen den Zubringer gerichtete Volksinitiative «Mehr Demokratie im Strassenbau» ab und nahm stattdessen den regierungsrätlichen Gegenvorschlag an, der – unter anderem – das Mitwirkungsverfahren bei Strassenbauprojekten verbesserte. Während der Auflage des Projektes im Jahr 1990 gingen 295 Einsprachen ein (davon 231 in Form einer Sammeleinsprache). Deren Behandlung respektive ihretwegen durch das Verwaltungsgericht gemachte Auflagen, führten schliesslich zu einer neuerlichen Überarbeitung des Projektes.