Startseite
Aargau
Aarau
Die Fraktion SP/WettiGrüen kritisierte im Wettinger Einwohnerrat Vorwürfe an Sozialvorsteherin und sprach von einer Schlammschlacht.
«Die Fraktion SP/WettiGrüen verurteilt diesen verantwortungslosen Umgang mit vertraulichen Dokumenten und hofft, dass der Gemeinderat den entsprechenden Handlungsbedarf anerkennt», sagte Co-Präsidentin Lea Schmidmeister am Mittwochabend anlässlich der Einwohnerratssitzung in Wettingen. Dann fügte sie an: «Wir hoffen, dass in Zukunft solche demokratieunwürdige Situationen vermieden werden.»
Mit ihren Worten nahm Einwohnerrätin Lea Schmidmeister Bezug auf die Vorwürfe, die wenige Tage vor dem zweiten Regierungsratswahlgang am 27. November an Gemeinderätin und Regierungsratskandidatin Yvonne Feri (SP) in einem Artikel der «Aargauer Zeitung» laut geworden waren. Die belastenden Aussagen stammen vom Präsidenten der Wettinger Finanzkommission, Christian Wassmer (CVP). Dieser hatte Einblick in einen vertraulichen Bericht über die Sozialabteilung – derjenigen Abteilung, der Feri als Ressortverantwortliche vorsteht. Wassmers Fazit dieser Organisationsanalyse: «Ein erschütternder Befund, der deutlich aufzeigt, dass die Führung komplett versagt hat. Es besteht Handlungsbedarf.» Der Bericht behandelt zwar explizit die operative Leitung der Sozialen Dienste, doch fällt letztlich das Urteil auf Ressortleiterin Feri zurück.
«Wir gehen davon aus, dass es sich um ein taktisches Wahlmanöver gehandelt hat», sagte Lea Schmidmeister am Mittwochabend. Seien doch die unqualifizierten Aussagen des Fiko-Präsidenten bereits vor dem ersten Wahlgang an der Einwohnerratssitzung im Rahmen des Traktandums zum Sparpaket Lova am 20. Oktober gemacht worden. Erst wenige Tage vor dem zweiten Wahlgang am 27. November sind Auszüge des Protokollentwurfs der besagten Sitzung aus den Reihen von Yvonne Feris Gegner auch der «Aargauer Zeitung» zugespielt worden.
Fiko-Präsident Christian Wassmer, der an der Einwohnerratssitzung am Mittwochabend nicht teilnehmen konnte, distanziert sich von der Kritik, dass es sich um ein taktisches Wahlmanöver gehandelt habe: «Mit einem solchen habe ich nichts zu tun.» Er habe die Aussagen an der für jedermann öffentlichen Einwohnerratssitzung am 20. Oktober gemacht und könne sich nicht erklären, weshalb sie erst kurz vor dem zweiten Wahlgang publik wurden. Wassmer streitet auch ab, mit dem vertraulichen Dokument verantwortungslos umgegangen zu sein: «Ich habe keinerlei Indiskretion begangen. Der Bericht wurde detailliert innerhalb der Finanzkommission mit dem Gemeinderat besprochen, was jedoch nicht an die Öffentlichkeit gehört. Mein Statement zur Organisationsanalyse der Sozialen Dienste im Rahmen des Lova-Traktandums wurde dem Gemeinderat vorgängig zur Kenntnis gebracht.»
Dass Feri aufgrund der Vorwürfe nicht in den Regierungsrat gewählt wurde, davon ist wohl nicht auszugehen: Die SP-Kandidatin unterlag Franziska Roth (SVP) um ganze 10 000 Stimmen. Dennoch wird Feri das Vertrauen einiger Wählerinnen und Wähler verloren haben. Davon ist Lea Schmidmeister überzeugt. So sagte sie an der Einwohnerratssitzung: «Der Bericht ist vertraulich.» Auf diese Weise hätten die Wählerinnen und Wähler nicht erfahren können, ob die Vorwürfe wirklich stimmen. Auch die angegriffene Sozialvorsteherin Yvonne Feri habe nicht auf den Inhalt des Berichts eingehen können – weil er eben vertraulich sei.
Die Karriere von Yvonne Feri in Bildern:
Ein weiterer Kritikpunkt der Fraktion SP/WettiGrüen: dass sich weder die Parteien noch der Gemeinderat vom «Missbrauch von vertraulichen Behördeninformationen explizit distanziert» hätten. «Es hat keine öffentliche Stellungnahme oder gar eine Verurteilung dieser undemokratischen Schlammschlacht gegeben.»
Dieser Vorwurf stimmt nicht ganz: Am gleichen Tag, an dem die Vorwürfe Wassmers von der «Aargauer Zeitung» publik gemacht wurden, präsentierte die Gemeinde einen Massnahmen-Katalog zur Reorganisation der Sozialen Dienste. Auf Anfrage sagte Feri damals zur az: «Mit dieser Medienmitteilung distanziert sich die Gemeinde ganz klar von den Äusserungen des Fiko-Präsidenten Christian Wassmer, die zusammenhangslos sind und weder Hand noch Fuss haben.» Damit sage Feri nicht, es gebe bei den Sozialen Diensten keine Probleme. Sie sei es ja gewesen, die den Bericht aufgrund des Führungswechsels und der vielen Fluktuationen initiiert habe. Die Umsetzung der Massnahmen solle nun dazu beitragen, dass bei den Sozialen Diensten Ruhe einkehre.
Christian Wassmer steht auch heute noch zu seinem Statement zu den Sozialen Diensten: «Ich bereue absolut nichts. Der Einwohnerrat hat ein Recht, zu erfahren, dass es im Führungsbereich der Sozialen Dienste gewisse Probleme gibt.»