Suhr
«Das Leben wird auch danach weitergehen» – trotzdem ist die Gemeinde zweigeteilt

An der Info-Veranstaltung in der Bärenmatte schien das Pro-Lager aber leicht in der Mehrheit.

Daniel Vizentini
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Veranstaltung zum Zukunftsraum in Suhr
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Suhrs Gemeindepräsident Marco Genoni hat betreffend Zukunftsraum bisher noch nicht Farbe bekannt.
Martha Brem und Carlo Lienhard gegen Beat Woodtli und Martin Saxer, moderiert von Walter Vogt (Mitte).

Veranstaltung zum Zukunftsraum in Suhr

Daniel Vizentini

In Suhr ist man sich der eigenen Grösse und Bedeutung für den Zukunftsraum bewusst. Entsprechend war die Informationsveranstaltung dort anders aufgemacht als etwa in Entfelden: In einer Podiumsdiskussion durften nicht nur Befürworter, sondern auch Gegner ihre Voten platzieren. 400 Personen wohnten dem Anlass in der Bärenmatte bei. Ins Publikum gemischt hatte sich auch Markus Bircher, der Gemeindeammann von Oberentfelden.

Als gewiefte Rednerin hob die Präsidentin des Vereins Zukunft Suhr, Martha Brem, die Vorteile einer Grossfusion aus ihrer Sicht hervor: die gemeinsame Finanzierung von grossen Projekten wie die Umfahrung Suhr, die Verteilung der Sozialkosten oder die Einführung eines Einwohnerrats. Man werde mitbestimmen können in dem Raum, in dem man lebt – und dazu gehöre auch Aarau. «Zudem weiss ich nicht, wie es Ihnen geht, aber ich zahle lieber 97 Prozent Steuern als 108», sagte die Kommunikationsfachfrau pointiert und erntete dafür viel Applaus.

«Ich bin stolz, aus Suhr zu sein. Suhr hat alles»

Rein dem Beifall nach zu urteilen hatte man den Eindruck, dass im Saal eine leichte Mehrheit für eine Grossfusion sass. Auch die Pro-Argumente von SP-Ortsparteipräsident Carlo Lienhard punkto Kinderbetreuung, Raumplanung und Verkehr wurden positiv aufgenommen. Doch die Gegenseite meldete sich mit ebenso prägnanten Sätzen.

«Ich bin stolz, aus Suhr zu sein. Suhr hat alles», sagte Martin Saxer, der frühere SP-Gemeinderat und Mitglied der fusionskritischen IG Pro Suhr. Auch dafür gab’s Applaus. SVP-Ortsparteipräsident Beat Woodtli hob die technischen Betriebe Suhr (TBS) hervor, «mit tieferen Preisen als in Aarau», und bezeichnete die Gemeindeversammlung als «demokratischer» als ein Einwohnerrat. «Wenn etwas gut funktioniert, muss man es nicht ändern.»

«Ihr seid doch sensible Nostalgiker», stichelte darauf Moderator Walter Vogt. «Ihr von der SVP seid doch immer für einen schlanken Staat. Jetzt würden ja über 8 Millionen Franken eingespart, warum seid ihr dagegen?» Die Antwort gab der frühere SPler Martin Saxer: «Ich bin kein Träumer und glaube nicht an die 97 Prozent.» Das Vermögen der Aarauer werde verloren gehen, der tiefe Steuerfuss sei «mittelfristig nicht haltbar», sagte er.

«Suhr bleibt Suhr!»

Überaus sachlich hingegen waren die Fragen aus dem Publikum: Was geschieht mit der TBS (ist noch offen), mit den Zusammenarbeitsverträgen mit Gränichen und Buchs (werden übernommen und wenn nötig angepasst), könnte man nicht schon vor 2026 fusionieren («die Umsetzung braucht Zeit», sagte Yvonne Reichlin, Leiterin der Gemeindeabteilung des Kantons)? Erst als Walter Vogt nach emotionalen Voten fragte, bat ein Mann um «eine Minute für Suhr und nicht für Aarau» und schloss sein kurzes Votum lautstark ab mit der Parole: «Suhr bleibt Suhr!»

Gemeindepräsident Marco Genoni versuchte, mit einem Vortrag zu den Pros und Kontras der Fusion der wohl geteilten Gemeinde Rechnung fair zu tragen: «Das Leben wird auch nach dem 20. Juni weitergehen, egal wie der Entscheid ausfällt.» Das Schlusswort hatte dann Gemeinderätin Carmen Suter-Frey, die sagte: «Geld macht nicht glücklich, ob als Grossstadt oder eigenständige Gemeinde.»