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Bis zur nächsten Einwohnerratssitzung am 25. März wird der Aarauer Stadtrat weiter versuchen, dem Einwohnerrat den Kauf der Liegenschaft «Auf Walthersburg» für insgesamt 33,58 Mio. Franken schmackhaft zu machen. Doch vonseiten der Parlamentarier ist bisher nur viel Skepsis zu spüren.
Namentlich Immobilienfachmann Christian Oehler (FDP) hat in einem Leserbrief grosse Zweifel an der prognostizierten Rendite und dem Wert der Liegenschaft geäussert (AZ vom 4. 3.).
Und nun legen weitere Einwohnerräte nach – in einer Anfrage, die neben Christian Oehler auch die beiden Sozialdemokratinnen Eva Schaffner und Leona Klopfenstein sowie Peter Roschi (CVP) unterzeichnet haben. Sie wollen unter anderem wissen, ob es eine Steuerfusserhöhung brauche, wenn dem städtischen Finanzvermögen «33 Mio. Franken entzogen» würden und der jährliche Finanzgewinn geringer ausfalle.
Die drei Seiten lange Anfrage ist ein Sammelsurium an Vorwürfen, die sich primär gegen das bisherige Immobilienmanagement der Stadt richten. «Wenn sich die Stadt Aarau in ein nächstes Immobilienabenteuer stürzt, statt zuerst ihre Hausaufgaben in Sachen Unterhalt, Sanierung, Werterhalt oder Erneuerung zu machen, wird einfach die nächste Generation den Preis dafür bezahlen», heisst es etwa.
Die Anfragesteller führen, im Sinne eines Exkurses, Beispiele ins Feld, wo die 33 Millionen Franken besser investiert sein könnten als in die «Walthersburg». Der Stadtrat sei willens, 33 Millionen Franken für «eine problematische Immobilie» auszugeben, während er auf der anderen Seite «einen riesigen Investitionsstau» für die Sanierung oder Erneuerung der Schachenhalle vor sich herschiebe, heisst es.
Die Einwohnerräte nehmen auch Bezug auf das andere Sorgenkind im Schachen, das Oberstufenschulhaus. Dieses war in den vergangenen Monaten mehrfach Thema im Parlament. Das Gebäude kann ohne grössere Investitionen nur noch bis 2027 betrieben werden. Es werde einen Ersatzbau geben, liess der Stadtrat alle Einwohnerräte Anfang Jahr wissen, aber wo – an Ort und Stelle oder nicht – ist bislang noch offen. Man habe Ideen und sei an einer «sehr nahe dran», sagte Stadträtin Franziska Graf (Ressort Bildung) erst am 25. Februar in der Einwohnerratssitzung. Und doch heisst es in der aktuellen Anfrage wieder: «Sucht der Stadtrat nach einem alternativen zentralen Oberstufenstandort?» Und: «Mit 33 Millionen Franken könnte ein neuer zentraler Oberstufenstandort geplant und gebaut werden.»
Auch die Problematik um das Aarauer Hallenbad, so die Anfragesteller, würde sich angesichts von 33 Millionen Franken in Luft auflösen. «Davon würde wenigstens die Bevölkerung konkret profitieren.» Ausstehend seien bislang auch die Infrastrukturbauten im Torfeld Süd, etwa ein neues Schulhaus, ein Kinderhort mit Mittagstisch oder Freizeitanlagen. Und: Sollte bei der BNO-Teilrevision Torfeld Süd, also beim geplanten Stadion samt Hochhäusern, «alles schieflaufen», so die Anfragesteller, «würden 33 Millionen Franken reichen, um ein stadteigenes Stadion mit polysportiver Mantelnutzung zu bauen».
Eva Schaffner, Christian Oehler, Peter Roschi und Leona Klopfenstein kritisieren weiter, dass der Stadtrat 2018 «aus Kostengründen» darauf verzichtet habe, das Zwinglihaus im Scheibenschachen zu kaufen, was «aus Entwicklungs-, Arrondierungs- oder städtebaulicher Sicht strategisch sinnvoll» gewesen wäre. Die reformierte Kirche hatte dem Stadtrat die Liegenschaft angeblich für zirka 2,3 Mio. Franken angeboten. Das direkt neben der Primaschule liegende Zwinglihaus hätte man etwa für ein Gemeinschaftszentrum oder für die Sicherstellung von Tagesstruktur-Angeboten nutzen können, so die Anfragesteller.
Denn laut ihren Angaben soll der aktuelle Kaufinteressent den Abriss und «einen Neubau zu eigenen Zwecken» planen. Was bedeuten könnte, dass der derzeitige Mittagstisch im Zwinglihaus beziehungsweise die Kita und der Hort im benachbarten Pfarrhaus kein Domizil mehr hätten. Allerdings befindet sich die Liegenschaft in der Zone für öffentliche Bauten.
Die Anfrage wurde zwar nicht als «dringlich» eingereicht. Es ist aber anzunehmen, dass der Stadtrat sie aufgrund der Aktualität an der nächsten Einwohnerratssitzung beantworten wird.
In ihrer Anfrage kritisieren die vier Parlamentarier einen weiteren Aspekt des «Walthersburg»-Kaufs: Die Liegenschaft werde «die Finanzen der Stadt schon bald mit weiteren grossen Sanierungskosten» belasten, die aber «nicht transparent ausgewiesen» seien. Im Falle einer Sanierung von städtischen Liegenschaften sehe die Immobilienstrategie des Stadtrats vor, die Vorgaben einer 2000-Watt-Gesellschaft erreichen zu wollen. Das würde, so die Anfragesteller, bei dieser veralteten Bausubstanz die berechneten Gewinne gleich wieder auffressen.
Tatsächlich schrieb der Stadtrat 2018 in einer Einwohnerratsbotschaft, in welcher es um die Sanierung von stadteigenen Liegenschaften im Scheibenschachen ging: «Gemäss dem vom Stadtrat 2016 beschlossenen Gebäudestandard ist die Erreichung des Energiestandards Minergie-Eco für Gebäudesanierungen oder -umbauten zu prüfen. In Fällen, in denen eine Zertifizierung nicht möglich ist, soll dennoch in allen Fällen der Eco-Teil umgesetzt werden.» (NRO)