Berufsschule Aarau
Body Mass Index im Zeugnis sorgt für Empörung – Schule erklärt sich

In den Zeugnissen der Berufsschule Aarau steht beim Fach Sport unter anderem auch der Body Mass Index. Das ist zwar nicht neu, stösst jetzt aber auf laute Kritik in den Sozialen Medien. Die Kritik geht von "ein Witz?" bis "absolute Frechheit" Auf Nachfrage erklärt sich die Schule.

Chantal Gisler
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Für den Body Mass Index muss das Gewicht und die Grösse ermittelt werden. (Symbolbild)

Für den Body Mass Index muss das Gewicht und die Grösse ermittelt werden. (Symbolbild)

Keystone

Die Berufsschule Aarau (bsa) schreibt den sogenannten Body Mass Index (BMI) in die Zeugnisse ihrer Schülerinnen und Schüler. Der BMI berechnet sich aus Geschlecht, Gewicht, Grösse und Alter und zeigt an, ob man unter-, normal- oder übergewichtig ist.

„Bin ich die Einzige, die das eine Frechheit und absolut daneben findet?“, empörte sich Twitteruserin Angela darüber in einem Tweet. Und sie ist nicht alleine: Neben Kommentaren wie „Nicht dein Ernst?!“, „Soll das ein Witz sein?“ und „Das wäre ja skandalöser Wahnsinn und Unsinn!“, wird gleichzeitig darüber spekuliert, ob es sich dabei nicht um die Abkürzung für Berufsmaturität I handelt.

Das Sekretariat der bsa bestätigt auf Anfrage: „Die Abkürzung BMI in unseren Leistungsblättern Sport steht für den Body Mass Index – das ist schon seit Jahren so.“

Weshalb macht eine Schule so etwas? Ist das nicht ein Eingriff in die Privatsphäre der Schüler? Die Sekretärin verweist an den Konrektor der bsa, Patrick Bläuenstein. Er ist für die Zeugnisse zuständig und stellt zunächst eines klar: „Die Lernenden erhalten keine Note im Sportunterricht. Wir weisen die individuellen Entwicklungen, Leistungen und Teilnahmen an Wettkämpfen in einem Leistungsblatt aus. Kommt hinzu, dass wir beim BMI keinen Wert angeben. Auf den Leistungsblättern ist nur ein Koordinatensystem abgebildet, bei dem der Verlauf des BMIs während der Ausbildung erkennbar ist. Zudem sind die Koordinatenachsen nicht beschriftet, was Aussenstehenden keine Rückschlüsse auf den Wert ermöglicht.“

Body Mass Index ist keine Pflicht

Doch weshalb schreibt die Schule den BMI dennoch in die Leistungsblätter? Bläuenstein: "Der Sportunterricht unterstützt die Lernenden die Vielfalt von Sport, Bewegung und Gesundheit zu entdecken und dadurch die persönliche sportliche Aktivität nachhaltig zu beeinflussen.“ Der Body Mass Index sei ein überall anerkannter Wert. "Die meisten Schüler wachsen während der Lehre und legen auch etwas an Gewicht zu. Diese Entwicklung hat einen Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Das Erkennen dieser Abhängigkeiten, genau das, wollen wir den Lernenden vermitteln.“

Die Bestimmung des BMIs sei freiwillig, betont der Konrektor. Bei denjenigen, die ihn nicht im Zeugnis haben möchten, bleibt das Koordinatensystem leer. "Es kommt eher selten vor, dass Schüler den Body Mass Index nicht bestimmen möchten", so der Konrektor. "Sie kommen sogar vermehrt zu uns, um sich beraten zu lassen, wie sie ihren BMI verbessern können." Er versichert, dass die Sportlehrpersonen kompetent reagieren und den Schülern jederzeit zur Seite stehen.

Beim Departement Bildung, Kultur und Sport des Kantons weiss man nichts von einer BMI-Angabe im Zeugnis der Berufsschule Aarau. Davon habe man noch nie gehört, heisst es auf Anfrage der az. Die bsa ist wie die meisten Berufsfachschulen eine nichtkantonale Schule. Wie die Semesterzeugnisse im Detail auszusehen haben, wird nicht vom Kanton geregelt und ist somit nicht übergreifend festgelegt.

"Von einem solchen System habe ich noch nie gehört", meint Rudolf Siegrist, Rektor der Berufsschule Baden (BBB) auf Anfrage der az. Die BBB hat ein eigenes System für die Bewertung der sportlichen Leistung entwickelt. "In den Zeugnissen unserer Schüler werden Leistung, Bewegung und Spiel (beides zählt zur Sachkompetenz), Sozialverhalten (Sozialkompetenz) und Engagement (Selbstkompetenz) bewertet", erläutert er.

Das BBB-Bewertungssystem wird in einer Raute dargestellt: In einem Koordinatensystem stehen die vier Achsen für je eine der oben genannten Kompetenzen. Die Achsen sind in sechs Schritte aufgeteilt, was den Noten 1 bis 6 entspricht. "Die Lehrpersonen tragen die Noten nach einer Absprache mit Selbstbewertung der Berufslernenden auf den Achsen ein und verbinden die Punkte miteinander. Wenn wir diese vier Eigenschaften benoten würden, würden die berufsspezifischen Kompetenzen, die nur mit einer Note bewertet werden, untergehen", erklärt Siegrist. "Unser System ist bei vielen anderen Berufsfachschulen in der Schweiz auf Interesse gestossen.“ Aber ob sie es auch übernehmen und ob es schweizweit vereinheitlicht wird, bleibt weiterhin offen.