Referendum
Bodigt eine «unheilige Allianz» die Bibersteiner BNO-Revision? – Drei Problempunkte in der Übersicht

Eine Bestandesaufnahme drei Wochen vor der Referendumsabstimmung, an der es auch um die «Aarfähre» geht.

Nadja Rohner
Drucken
Die Gemeinde Biberstein stimmt in drei Wochen ab.

Die Gemeinde Biberstein stimmt in drei Wochen ab.

Nadja Rohner

Am 13. Dezember kommt es in Biberstein zur Urnenabstimmung über die neue Bau- und Nutzungsordnung (BNO). Das erste Referendum seit Jahrzehnten, das letzte war wohl 1973 – gegen die Unterbergstrasse. Ammann Willy Wenger und Gemeinderat Thomas Häuptli sagen, es sei schwierig abzuschätzen, wie die Abstimmung dieses Mal ausfällt. Es gibt neuerdings ein Pro-Komitee, aber eben auch ernst zu nehmenden Widerstand.

Das Referendumskomitee hat doppelt so viele Unterschriften gesammelt, wie nötig gewesen wären. Der Ammann spricht von einer «unheiligen Allianz», und meint damit, dass sich Gegner einzelner Themenbereiche der BNO kumulieren – und ein Nein deshalb durchaus möglich ist. Dann müsste der Gemeinderat nochmals über die Bücher und das Geschäft in einigen Monaten erneut vorlegen. «Wir befürchten, dass sich die Stimmbürger bisher nicht ausreichend über die Vorlage informiert haben und deshalb auch Unwahrheiten glauben», sagt Willy Wenger. Eine Infoveranstaltung habe wegen Corona leider abgesagt werden müssen. Der ­Gemeinderat reicht dafür jetzt umfangreiche Abstimmungsunterlagen nach. Aber eben – lesen muss man sie selber.

Es sind im Wesentlichen drei Bereiche, die die Gegner an der neuen BNO kritisieren.

Problempunkt eins: Die Verdichtung

Die neue BNO sieht «W2+»-Zonen vor. Hier darf man, sofern das Grundstück mehr als 1000 Quadratmeter gross ist, statt zwei Stockwerke plus Attikageschoss künftig ein drittes Vollgeschoss bauen. Ammann Wenger sagt, die Plus-Zonen seien «das Weggli und der Batzen». «Der Fussabdruck des Gebäudes bleibt gleich, die Höhe bleibt gleich – aber neu kann man zuoberst eine ganze Wohnung bauen und nicht nur ein Teil einer Attikawohnung.» Das hilft der Gemeinde, die Verdichtungsziele zu erreichen. «Der Kanton gibt uns klar vor, dass wir verdichten müssen», sagt Willy Wenger. «Bei uns leben 34 Einwohner pro Hektare, es müssten aber rund 40 sein.»

Thomas Häuptli betont, man habe die Plus-Zonen nur dort geplant, wo die Topografie mehr oder weniger flach sei – es seien nicht viele Grundstücke, die überhaupt in Frage kämen. «Ausserdem», so Willy Wenger, «hat der Gemeinderat die Arealüberbauung aus der BNO gestrichen. Mit dieser darf man heute bei einem über 2000 Quadratmeter grossen Grundstück drei Geschosse plus Attika realisieren. Das wollen wir explizit nicht mehr.»

Diese Mehrfamilienhäuser mit drei Voll- und einem Attikageschoss sind als Arealüberbauung entstanden. Das soll mit der neuen BNO nicht mehr möglich sein.

Diese Mehrfamilienhäuser mit drei Voll- und einem Attikageschoss sind als Arealüberbauung entstanden. Das soll mit der neuen BNO nicht mehr möglich sein.

nro Bild: nro

Ein Teil der Referendumsführer kritisiert, das Siedlungsgebiet im Westen (Kirchberg/Wyssenbach) sei jetzt schon schlecht erschlossen, man dürfe hier nicht noch mehr verdichten. Willy Wenger sagt hierzu: «Ein Verkehrsgutachten aus dem Jahr 2014 sagt klar, dass die Strassen den Anforderungen vollkommen genügen, auch wenn die zusätzlich geplanten Wohneinheiten realisiert werden. Damals galt noch Tempo 50 – jetzt, mit Tempo 30, trifft es erst recht zu.»

Aber der Ammann verspricht auch, dass die Sanierung der Kirchbergstrasse so rasch wie möglich in Angriff genommen wird. «Wir haben damit zugewartet, weil wir annahmen, dass wir das Gebiet Fuchsloch im Rahmen der BNO einzonen dürfen – dann hätte die Kirchbergstrasse sowieso erneuert werden müssen. Da der Kanton die Einzonung aber nun doch noch nicht bewilligt, können wir nicht länger zuwarten.»

Problempunkt zwei: Was ist mit der Trockenwiese?

Ein Problempunkt ist der «Bärenhoger». Da hat es, südwestlich des Wegs zur Gisliflueh, eine unbebaute Parzelle in einem Steilhang. Sie gehört einem Investor. Der «Bärenhoger» ist zwar schon lange Bauland. Aber seit 2010 gibt es in dem Gebiet eine im nationalen Inventar eingetragene Trockenwiese, die eigentlich nicht überbaut werden darf.

Ein Teil dieser Trockenwiese, rund 1000 Quadratmeter, liegt innerhalb des vom Regierungsrat im Richtplan festgelegten Siedlungsrands. «Die Gemeinden sind strikt an den Richtplan gebunden», sagt Häuptli. Der Gemeinderat mache dem Bauherr in der neuen BNO aber via Gestaltungsplan etliche Auflagen, um die Trockenwiese trotz Überbauung auf einem Teil der Parzelle zu schützen. «Wir haben gemacht, was wir können. Der Kanton hat uns bestätigt, dass unser Vorgehen richtig ist.»

Eigentlich, so Ammann Wenger, handle es sich hier um einen Streit zwischen Kanton und Bund. Zwei Umweltverbände haben Einsprache gegen diesen Teil der BNO gemacht. Der Gemeinderat rechnet damit, dass diese bei einem «Ja» Beschwerde beim Kanton machen. Der Regierungsrat würde den «Bärenhoger» dann wahrscheinlich von der BNO-Revision ausnehmen und separat behandeln – der Rest der BNO könnte in Kraft treten. Der Gemeinderat, so lassen es Häuptli und Wenger durchblicken, wäre nicht unglücklich darüber, wenn die Gerichte in dieser Patt-Situation entscheiden würden.

Problempunkt drei: Die «Aarfähre»

Bei der letzten BNO-Revision 1998 hat man die Vorgartenzone, die Vorschriften für die Gestaltung der Liegenschaften im Dorfkern macht, bis zur «Aarfähre» erweitert. Damals, so Willy Wenger, sei die Bauerei auf dem Areal dem Gemeinderat ein Dorn im Auge gewesen. Denn der Besitzer des Restaurants, Käpten Jo, hatte dieses um zahlreiche Anbauten erweitert. Das war zwar legal, aber nicht erwünscht. Die neu eingeführte Vorgartenzone schob dem einen Riegel.

Die «Aarfähre» wurde mittlerweile von allen späteren Anbauten befreit.

Die «Aarfähre» wurde mittlerweile von allen späteren Anbauten befreit.

nro Bild: nro

Nach dem Aus für das Restaurant im Jahr 2018 haben Peter und Christian Frei das Lokal gekauft und bereits alle Anbauten abgerissen. Die Bibersteiner Architekten planen eine Sanierung des alten Gebäudes und einen Neubau im Süden des Areals. Damit dieser gebaut werden kann, muss die Vorgartenzone wieder gestrichen werden.

Einigen Bibersteinern geht es gegen den Strich, dass Peter Frei als ehemaliges Mitglied der Baukommission und später Ammann Vorschriften eingeführt und durchgesetzt hat, nun aber ihm zu Gunsten die Vorgartenzone wieder aufgehoben werden soll. Andere stören sich an den Dimensionen des geplanten Neubaus, der in einem Entwurf schon vorliegt. «Der Gemeinderat hat die Studie zur Kenntnis genommen», sagt Willy Wenger. «Wir finden es grundsätzlich gut, dass es etwas Neues gibt – aber was, werden der Gemeinderat und wegen der Nähe zum Schloss auch die kantonale Denkmalpflege mitentscheiden. Wir nehmen die Bedenken der Bevölkerung ernst.» Wenger sagt auch, er sei froh, dass die «Aarfähre» weder zur Asylunterkunft noch zum Bordell geworden sei und man die neuen Besitzer kenne. «Die Gemeinde hat ein Interesse daran, dass das Grundstück nicht zum Schandfleck für Biberstein wird.»