Suhr
Als ein Kulturzentrum vor 30 Jahren den Dorffrieden bedrohte

Ein Kulturzentrum hat Suhr vor 30 Jahren in zwei Lager geteilt. Erst im zweiten Anlauf sagte das Stimmvolk Ja zum Projekt mit 800 Plätzen. Triebfeder dahinter war Samuel Wehrli, nun tritt er nach 25 Jahren zurück.

Sabine Kuster
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Als ein Kulturzentrum vor 30 Jahren den Dorffrieden bedrohte
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Das Musical «Suranja» wurde zur Eröffnung aufgeführt und war einErfolg: Es machte die «Bärenmatte» auf einen Schlag bekannt.zvg
Ulrich Weber (links) und Jörg Schneider bei den Proben. zvg

Als ein Kulturzentrum vor 30 Jahren den Dorffrieden bedrohte

Vor 25 Jahren ist den Suhrern ein Geniestreich gelungen: Statt eines einfachen Lokals für ihre Vereine eröffnete die Gemeinde das Zentrum Bärenmatte mit 800 Plätzen Konzertbestuhlung. Nur das Tägerhard in Wettingen fasst im Aargau noch mehr Zuschauer. So wurde die «Bärenmatte» zum Ort nationaler Konzerte – Pepe Lienhard, Peter Räber singen hier, Stefan Eicher trat vor 1500 Zuschauern auf.

Samuel Wehrli Samuel Wehrli unterstützte in den 80er-Jahren die Idee eines überregionalen Kulturzentrums aktiv. Er habe mit seinem Engagement etwas von seinem Erfolg als Unternehmer in Suhr zurückgeben wollen, sagt Wehrli. Der Schlossherr des Schloss «Wildenstein » feierte am 24. Dezember seinen 70. Geburtstag. Ein Jubiläum feierte dieses Jahr nebst der «Bärenmatte» auch seine Firma Dobi-Inter AG, die seit 50 Jahren besteht. (kus)

Samuel Wehrli Samuel Wehrli unterstützte in den 80er-Jahren die Idee eines überregionalen Kulturzentrums aktiv. Er habe mit seinem Engagement etwas von seinem Erfolg als Unternehmer in Suhr zurückgeben wollen, sagt Wehrli. Der Schlossherr des Schloss «Wildenstein » feierte am 24. Dezember seinen 70. Geburtstag. Ein Jubiläum feierte dieses Jahr nebst der «Bärenmatte» auch seine Firma Dobi-Inter AG, die seit 50 Jahren besteht. (kus)

Der Erfolg kam sofort: Denn eingeweiht wurde das Zentrum Bärenmatte im Frühling 1988 mit dem Musical «Suranja», das extra für die Einweihung geschaffen worden war. Es war eine musikalische Bundesratswahlgeschichte von Ulrich Weber (Text) und Kurt Brogli (Musik) mit Jörg Schneider, Paul Bühlmann, Silvia Jost in der Hauptrolle und über 200 weiteren Beteiligten. An 14 Aufführungen sahen 8500 Besucher «Suranja». Danach war die «Bärenmatte» dem ganzen Kanton ein Begriff.

Projekt entzweite das Dorf

Das Musical kittete den Graben, den das Bauprojekt im Vorfeld aufgerissen hatte. «Die Idee, ein Musical zur Eröffnung unter Mitwirkung aller Dorfvereine und der Schulen zu schaffen, erwies sich als Volltreffer», erinnert sich der Suhrer Unternehmer Samuel Wehrli. Er war zusammen mit den Dorfvereinen die Triebfeder hinter der «Bärenmatte».

Die Zangengeburt begann 1980, als der damalige Einwohnerrat von Suhr die Durchführung eines Ideenwettbewerbs für ein Kulturzentrum beschloss. Das Architekturbüro Hertig + Partner wurde mit der Planung beauftragt. Das Zentrum sollte so gross werden, dass nicht nur Vereine ihre Anlässe durchführen, sondern grosse Veranstaltungen stattfinden konnten.

Dagegen gab es im Dorf Widerstand. «Das Projekt hat das Dorf entzweit», erinnert sich der Suhrer Samuel Wehrli. Er sah, dass der Saal nur rentieren würde, wenn er genug gross ist. «800 Plätze war schon damals die minimale Grösse, damit die Grossen kommen», sagt Wehrli.

Er war es auch, der veranlasste, dass der grosse Saal säulenfrei gebaut wurde: von niemand Geringerem als dem spanischen Architekten Santiago Calatrava, der schon zwei Jahre zuvor für Wehrli das Rundhaus in Suhr gebaut hatte. «Ich wusste, dass er das kann», sagt Wehrli heute. Er erreichte, dass Hertig + Partner dieses Teilprojekt Calatrava überliessen.

Zwei Jahre lang umkämpft

Trotz der zweigeteilten Meinung stimmte die Gemeindeversammlung vom 24. Juni 1982 der Gesamtkreditvorlage inklusive einer Zivilschutz-Bereitstellungsanlage von rund 13,4 Millionen Franken deutlich mit einer Dreiviertelmehrheit zu. Doch gegen den Beschluss wurde das Referendum ergriffen. Im Vorfeld des Urnengangs tobte ein harter, bisweilen gehässiger Abstimmungskampf. Die Stimmung im Dorf war nach der knappen Ablehnung (52,34% Nein) an der Urnenabstimmung im September 1982 auf einem Tiefpunkt angelangt.

Der Gemeinderat legte darauf der Gemeindeversammlung im Juni 1983 eine zweite, leicht reduzierte Vorlage vor, die im Verhältnis 70 zu 30 angenommen wurde. Das Referendum wurde erneut ergriffen, aber diesmal obsiegten die Befürworter eines «Zentrums mit Öffnung nach aussen» im Herbst 1983 – äusserst knapp mit 51,49% der Stimmen. Die Schlacht war zwar gewonnen, doch brachte der Sieg keinen Frieden. Erst das Einweihungs-Musical versöhnte das Dorf.

Keine Gemeindezuschüsse nötig

Anders beispielsweise als das stark defizitäre Aarauer Kultur- und Kongresshaus (KuK) wird das Zentrum Bärenmatte von der Gemeinde Suhr als Eigenwirtschaftsbetrieb gehalten. Ein Erfolgsrezept: Schon im ersten Betriebsjahr und seither ohne Unterbruch finanziert sich das Zentrum ohne Gemeindegeld. Die Überschüsse alimentieren den Unterhaltsfonds.

Seither finden dort alle Arten von Anlässen von Konzerten über Generalversammlungen bis zu Kongressen und Ausstellungen statt. Über 500-mal waren im Jahr 2012 kleine Räume von Vereinen belegt und gegen 130 Veranstaltungen fanden im grossen Bärenmatte- und im Ortsbürgersaal statt. Die Belegungen 2013 bewegen sich laut Wehrli in der gleichen Grössenordnung.

Neuer Präsident ist Urs Bachmann

Per Ende Jahr verliert die «Bärenmatte» nun ihren langjährigen Förderer, Samuel Wehrli. Er gibt sein Amt des Präsidenten der Betriebskommission nach 27 Jahren ab. Neuer Präsident wird ab 1. Januar Urs Bachmann, bekannt als Sportkoordinator beim FC Aarau und schon seit einigen Jahren Mitglied der Betriebskommission.