Aarau
Aaraus Stadtrat Mettauer tritt nach 12 Jahren ab: «Die Arbeit hat mich erfüllt»

Stadtrat Carlo Mettauer tritt nach zwölf Jahren als Aarauer Stadtrat zurück. Er zieht den Schlussstrich aber auch in vielen Ämtern. Jetzt kann der kulturinteressierte Carlo Mettauer wieder vermehrt an Ausstellungen und ins Theater gehen.

Hubert Keller
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Carlo Mettauer hofft, dass er wieder mehr Zeit findet für Ausstellungen und Theaterbesuche. Emanuel Freudiger

Carlo Mettauer hofft, dass er wieder mehr Zeit findet für Ausstellungen und Theaterbesuche. Emanuel Freudiger

Er fühle sich wie ein Stafettenläufer, der in vollem Lauf den Stab an den nächsten Läufer weitergebe.

28 Jahre hat Carlo Mettauer Stadtpolitik betrieben. «Mein halbes Leben», sagt der 56-Jährige.

16 Jahre war er Einwohnerrat, 12 Jahre Stadtrat und Vizestadtpräsident. Jetzt habe er noch acht Jahre, die er seinem Beruf widmen könne, noch sei er motiviert und voller Energie. Sein Pensum als Bereichsleiter Schulen am Zeka, Zentren für Körperbehinderte Aargau, wird er wieder auf 100 Prozent hochfahren.

Das Gespräch mit Stadtrat Mettauer findet im für das Personal bestimmten Pausenraum des Zeka statt. Improvisiert. Zwischen elf und zwölf am Montag. Am Nachmittag ist Stadtratssitzung. Eine der letzten – und wohl Teil der Stabübergabe.

Einen ruhigen, entspannten Eindruck macht Carlo Mettauer an diesem späten Morgen nicht. Der Abschied aus der städtischen Politik ist eine Zäsur in seinem Leben, wenngleich für die Zukunft eine durchaus positive, wie er sagt.

Wenn Carlo Mettauer vor Kulturschaffenden und Künstlern sprach, entwickelte er jeweils seine Rede aus ein paar Stichworten, die er, wahrscheinlich kurz zuvor, notiert hatte.

Er sprach in abgerundeten Sätzen, nicht zu lang, auch nicht zu kurz. Einnehmend, sympathisch, engagiert und kompetent. Und immer auch etwas improvisiert, ohne dass die Zuhörer etwas merkten oder gar sich daran störten.

«Weltoffen und ausgleichend»

Der kunst- und kulturinteressierte Mettauer ist der kreative Typ. Der ebenfalls abtretende Stadtrat Beat Blattner sagt: «Carlo ist ein positiv denkender Mensch».

Und weltoffen sei er, was Jolanda Urech, die künftige Stadtpräsidentin bestätigt: «Carlo ist durch und durch Kulturmensch und Weltenbürger. Das hat den Stadtratssitzungen gut getan. Er öffnete uns den Blick für die grossen Zusammenhänge.»

Sie werde seine grosszügige und tolerante Art vermissen. Der noch wenige Tage amtierende Stadtpräsident Marcel Guignard schätzte seine «ausgleichende und vermittelnde Art».

Im Stadtrat war er in den ersten vier Jahren für die Sicherheit zuständig, für Polizei und Feuerwehr sowie für die Altersheime.

Diese wurden damals noch nach dem klassischen Modell mit Heimleiterpaaren geführt. Als er sie in einer eigenen Abteilung neu organisierte, habe er sich nicht nur Freunde gemacht, sagt er zurückblickend.

Im Jahr 2006 übernahm Mettauer das Ressort Kultur. Ruedi Zinniker vertraute sein Ressort dem kunstsinnigen Mettauer an. Hinzu kam das neu gegründete Ressort Sport. Die Fachstelle Sport wurde gegründet, das Sportkonzept, das den Sportbetrieb und die Belegung der Hallen und Sportplätze regelt, Ende 2011 verabschiedet und umgesetzt.

Die Sanierung der Kunsteisbahn Region Aarau (Keba) beschäftigte Mettauer während Jahren. Der Beginn der Bauarbeiten wurde auf Januar 2014 angekündigt. «Vielleicht wird es aus betrieblichen und finanziellen Gründen August oder Herbst», meint Mettauer. Das Volk hat zur Keba mit grosser Mehrheit Ja gesagt, wegen ein paar Monaten Verzögerung wolle man das Projekt nicht gefährden.

Die Sanierung des Stadtmuseums Schlössli und der Anbau beschäftigen den Stadtrat seit bald 15 Jahren. Baubeginn war Anfangs 2013. Seit 2006 ist das Projekt «Oxer» in der Pipeline. 2006 hatte sich bei einem Standortwettbewerb für eine Mittlere Bühne im Aargau die Stadt Aarau mit der Alten Reithalle durchgesetzt, gegen Brugg und Baden. Doch auch dieses Projekt zieht sich hin.

«Es braucht Durchhaltevermögen»

Es dauert alles länger, als es auch Carlo Mettauer lieb wäre. Zwei Jahre haben die Einsprachen die Keba-Sanierung verzögert, zwei Jahre waren es auch beim Schlössli. «Es braucht schon viel Durchhaltevermögen, solche komplexe Projekte über Jahre zu begleiten und zu einem guten Ende zu bringen», sagt Mettauer.

«Manchmal wäre es gut, man könnte sie in einem Lauf durchziehen.» Mangelndes Demokratieverständnis habe ihn oft gestört.

Manche Leute seien aus egoistischen Gründen nicht bereit, einen demokratisch gefällten Entscheid zu akzeptieren, geschweige denn mitzutragen. «Der Egoismus hat zugenommen, die Toleranz hat abgenommen.»

«Dennoch, die Arbeit im Stadtrat hat mich erfüllt.» Ein Projekt wie das «Schlössli» durch alle Instanzen und auch durch alle Schwierigkeiten bis zum geglückten Ende zu begleiten, sei eine Herausforderung, aber auch sehr befriedigend.

«Der Kontakt mit den unterschiedlichsten Leuten, die interessanten Begegnungen in der Kulturszene waren inspirierend», sagt Mettauer, auch wenn da das Verständnis für die Einschränkungen, die sich in einem politischen Prozess ergeben, nicht immer bei allen gleich gross gewesen sei. Manchmal müsse die Politik halt auch unbequeme Entscheide fällen.

Das Stadtratsamt sei eine sehr anspruchsvolle nebenberufliche Tätigkeit, sagt Mettauer. Das Milzsystem ist langsam aber sicher ausgereizt.

Mettauer zählt die vielen Kommissionen und Arbeitsgruppen auf, denen er angehörte, diese meist auch leitete.

Baukommission Keba und Schlössli, diverse Kulturkommissionen, Steuergruppe «Oxer«, Vorstand Tierpark Roggenhausen, Sportkommission, Präsident der Städtepartnerschaft mit Delft, Verbandspräsident Regionale Schiessanlage und Präsident des Retterkorps Feuerwehr und andere Ämter mehr.

Nicht, dass diese alle gleichermassen zeitintensiv gewesen wären. «Aber», sagt Mettauer, «sie haben viele Abende beansprucht – und sie raubten viel von der Energie, die man am Wochenende gern zur Verfügung gehabt hätte.»

Seiner Familie, die auf einiges verzichten musste, ist er dankbar. Und auch einer Aki Senn, seiner langjährigen Wahlhelferin, die administrative Arbeiten im Hintergrund besorgte und ihm den Rücken frei hielt.

Nun freut sich Mettauer auf neue Perspektiven und freie Abende. «Ich kann wieder vermehrt Ausstellungen besuchen, vielleicht auch öfter ins Theater gehen.»