Die Aarauer Sektion des Schweizer Alpen-Clubs hat eine Hütte auf fast 2400 Meter über Meer. Doch in den steilen Berghängen liegt eine Altlast. Diese wird nun beseitigt – mit Hilfe von Freiwilligen und der Armee.
Tief in den Urner Alpen, auf einer Felsterrasse am Südfuss des Sustenhorns, steht ein kleines Stück Aargau: Hier hat die Aarauer Sektion des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) schon seit rund 120 Jahren eine Hütte – ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen, Kletter-, Hoch- oder Skitouren. Die Chelenalp-Hütte steht auf 2350 Metern Höhe und ist, in ihrer heutigen Form, 1926 erbaut worden.
Der Umgang mit der Natur hat sich seit jener Zeit gewandelt. War man früher bei der Entsorgung von Abfällen aller Art noch sorgloser – man denke an die Sondermülldeponie Kölliken oder den Ritzer in Küttigen –, merkt man heute, dass der Natur damit grosser Schaden zugefügt werden kann. Das gilt auch für diverse Berghütten. Die Chelenalp-Hütte inklusive. Dort wurden Abfälle bis in die 1980er-Jahre hinein entweder verbrannt oder dann in der Nähe der Hütte vergraben. Immer eine Schicht Abfall, eine Schicht Erde, eine Schicht Abfall; bis die Grube voll war.
Doch aus den Augen ist nicht aus dem Sinn. Zumal die Grube bei der Chelenalp-Hütte ins Bachtobel erodiert. «Abfall aus früheren Jahren wird fortlaufend freigelegt und durch den Bach in den Talboden mitgeschwemmt. Für Tourengänger ist dies ärgerlich, aber für die Alpwirtschaft unterhalb der Hütte stellt dies ein reale Gefahr dar.» So erzählt es Alfred Haller. Der pensionierte Lehrer ist SAC-Mitglied und einer von elf freiwilligen Helferinnen und Helfer, die diese Woche auf der Chelenalp-Hütte die Sünden der Vorfahren tilgen: Die Deponie wird aufwendig saniert und der alte Abfall fachgerecht recycelt.
Haller: «Damit zeigt der SAC Aarau, dass Verantwortung für die Umwelt keine leeren Worte sind, und dass sich Vorstand und aktive Mitglieder freiwillig einsetzen: für die Natur, für die einheimische Bevölkerung, für den Alpinismus.» Auch Hüttenwart Remo Gisler ist froh, dass die Abfallgrube endlich saniert wird: Sie sei seit vielen Jahren ein Thema gewesen, man habe aber die Risiken einer Sanierung gescheut.
Alfred Haller betont, die Vorbereitungen für diese Aktion seien umfangreich gewesen. «Als Glücksfall erwiesen sich zwei engagierte Mitglieder: Denise Fussen, welche Erfahrungen mit entsprechenden Projekten hat, sowie Andreas Koller, der als Leiter einer Sägerei in Attelwil sein grosses Talent in der Organisation und Führung mitbrachte.»
Andreas Koller leitet nun das Deponiesanierungsprojekt. Und zeigt sich überrascht über die Menge an Abfall: «Nach der Sondierung rechnete ich mit einer Tiefe von 1,6 Metern. Jetzt sind es zwei Meter, manchmal fast drei.» Mit Schaufeln und Pickeln wird die Erde abgetragen, von Hand sortieren die Helfer Steine und Abfall. Alles im bröckeligen Steilhang unter jenen Bedingungen, die man halt so vorfindet auf fast 2400 Metern über Meer, immerhin bislang bei einigermassen annehmbaren Wetter.
Gefunden haben die Helfer das Erwartete: alte Dosen, Büchsen, Glas, Kunststoff. Einer der Freiwilligen berichtet, ihm sei die Verpackung eines Getreideriegels in die Finger gekommen – mit Ablaufdatum Dezember 1983, sogar das Kleingedruckte sei nach so vielen Jahren Witterung noch lesbar gewesen: «Ich hätte nie gedacht, dass Verpackungen so lange die Umwelt belasten.» Eines der grössten Probleme sind die alten Batterien, die etwa für Militärtaschenlampen gebraucht und danach einfach verscharrt worden waren. Bereits etwa 20 Kilo davon haben die Helfer aufgesammelt.
Entsprechend erleichtert zeigt sich Matthias Baumann, Allmentaufseher der Korporation Uri: «Ich bin sehr, sehr froh, dass gehandelt wird. Aus solchen Deponien gelangen die verschiedensten Stoffe in den Boden und schliesslich auch ins Grundwasser.»
Hinuntertragen müssen die Helfer die gegen zehn Tonnen Abfall nicht: Die Armee fliegt sie per Helikopter zur Göschneralp, von wo aus sie per Strasse ins Tal gebracht und entsorgt werden. Bezahlen muss der SAC den Heli-Einsatz nicht, weil die Armee die Hütte in früheren Jahren oft für Gebirgstruppenkurse nutzen durfte und weil die Luftwaffe ohnehin einen kleinen Teil ihrer Trainingsflüge für zivile Zwecke einsetzt. Dennoch verbleiben Kosten von etwa 6000 bis 7000 Franken. Daran beteiligen sich, neben dem SAC Sektion Aarau, auch der Bund und der SAC Schweiz.
Der SAC Aarau hat rund 3200 Mitglieder. Seine Chelenalp-Hütte ist ab der Bushaltestelle Dammagletscher (einen Parkplatz hätte es dort auch) in knapp drei Stunden zu erreichen. Informationen hierzu: https://www.sac-aarau.ch/chelenalphuette-sac.html
Dieser Text entstand unter Mithilfe von Alfred Haller.