Die Stadtratskandidaten über Zukunftsraum, Stadion und «Staumauern»: Heute Stephan Müller («Eine Wahl für Aarau»).
Was stört Sie an Aarau?
Wenig, Aarau ist attraktiv. Aber Verbesserungen sind möglich. Und wenn ich Aarau mit Baden vergleiche, könnte Aarau etwas vom spontanen, kreativen Geist der Badenfahrten aufnehmen, und dafür die Kasernenmentalität, die zum Teil noch vorherrscht, aufgeben.
Wie lange halten Sie es ohne Handy aus?
Ich besitze ein Handy für Telefon und SMS, ohne Internet, E-Mail, Facebook, Instagram oder Twitter. Darum muss ich mich auch nicht vom Handy erholen.
Warum sind Sie Politiker geworden?
Weil mich öffentliche Anliegen interessieren. Politik ist das Feld, wo alle mitbestimmen können, unabhängig davon, ob sie reich oder arm sind. Es ist unser gemeinsamer Lebensraum, den wir gemeinsam gestalten können.
Warum ist Andreas Glarner ein guter Politiker?
Er ist ein guter Politiker, weil er es schafft, mit Provokationen die Medien zu interessieren, und die Medien fallen jedes Mal darauf herein – diese Frage beweist es. Inhaltlich ist er kein guter Politiker.
Wofür werden zu viele Steuergelder ausgegeben?
Zu viel Geld wurde für den «Zukunftsraum» ausgegeben, zumal dieser gleichzeitig in den Sand gesetzt wurde. Eher zu wenig Steuergeld wird für die Kultur, soziale und ökologische Anliegen ausgegeben. Weniger Geld fürs Stadtpräsidium, mehr für Sozialhilfe(projekte), könnte durchaus ein Motto sein, welches in die richtige Richtung zielt.
Wenn Sie einfach so könnten: Wofür würden Sie 10 Millionen Steuer-Franken ausgeben?
Ich sehe nicht, wofür man jetzt eine Summe von gleich 10 Millionen ausgeben soll. Protzen müssen wir nicht, kleinere Anliegen sollten wir dafür ernster nehmen und unterstützen. Gerade soziale Anliegen. Mittelfristig muss von der Stadt sicher ins Kasernenareal investiert werden, dieses darf auf keinen Fall einfach privatisiert werden. Und auf die vom Einwohnerrat beschlossene Aarebadi warten wir auch schon lange.
Trauern Sie dem Zukunftsraum nach?
Der Zukunftsraum wurde von den Behörden unter der entscheidenden Führung von Stadtrat und Stadtpräsident in den Sand gesetzt. Das muss analysiert werden. Niemand übernimmt heute die Verantwortung dafür. Dabei scheint mir klar: Die Fusion war übereilt, man pressierte ohne Grund, man wollte es während der Coronazeit durchstieren. Das kam nicht gut an. Und der demokratischen Mitsprache nach einer Fusion wurde zuwenig Beachtung geschenkt. Nicht nur die Gemeindeversammlungen wären überall abgeschafft worden, sondern es wären auch sämtliche Referenden gegen Einwohnerratsbeschlüsse durch die hohe Anzahl der in einem Monat notwendigen Unterschriften faktisch verunmöglicht worden. Ich forderte darum öffentlich vor den ersten Abstimmungen eine Verschiebung, bis diese Frage geklärt sei. Die Abstimmungen trotzdem überall anzusetzen, mit dem vagen Versprechen, der Aargauer Grossrat werde nach den Fusionsabstimmungen die faktisch zu hohe Hürde für das Referendum in Gross-Aarau schon senken, war grobfahrlässig und demokratiepolitisch unverantwortlich. Ich bleibe bei dieser Meinung, auch wenn der bisherige Stadtpräsident das anders sieht. Nach diesem historischen Desaster braucht es eine neue Führung im Stadtrat, die auch die regionale Zusammenarbeit neu angeht. Darum kandidiere ich auch.
Haben Sie Verständnis für die Einsprecher gegen das Stadion?
Ums Verständnis geht es nicht. Sie haben Gründe für die Einsprache und die Gerichte entscheiden, ob die Gründe gerechtfertigt sind. Ich bin gespannt auf das rechtliche Ergebnis. Als Laie masse ich mir nicht an, anstelle der Gerichte darüber zu urteilen.
Warum könnten Sie sich vorstellen, in einer Telli-«Staumauer» zu wohnen?
Das Quartier an der Aare und mit der nahen Natur ist sehr schön und attraktiv. Ich habe eine Zeit lang in einem Block im Aarauer Dammquartier gewohnt, jetzt bin ich Mieter in einer Altstadtwohnung. Man muss nicht in einem Einfamilienhaus wohnen, um glücklich zu sein. Die nahe Natur hingegen ist wichtig. Die fehlt leider den neuen Bewohnern im Torfeld Süd.
Was finden Sie attraktiv an sich?
Attraktiv an mir finde ich, dass ich politisch mutig bin, ehrlich, klar. Und dass ich allen, ob hohes Tier oder Normalbürgerin, auf gleicher Augenhöhe begegne, ohne falschen Respekt. Das würde ich auch als Stadtpräsident oder Stadtrat so halten: Anspruch auf Respekt haben alle. Die mit wenig Geld sollen ebenso gehört und ernst genommen werden wie die Reichen. Sie haben auch gute Ideen.